Im Folgenden lesen sich abstracts in Deutsch und Englisch zu Dissertations- und Habilitationsprojekten, die ich im Bereich Kinder- und Jugendmedien und Literatur- bzw. Mediendidaktik betreue. Biographische Kurzinformationen wie auch die Möglichkeit, die Doktorandinnen bzw. Habilitandin via eMail zu ihren Projekten kontaktieren, ergänzen die Vorstellungen der Projekte. 

Michael Endes Traumwelten. Spuren kultur- und literarhistorischer Quellen in Inszenierungen des Traummotivs aus dem Gesamtwerk


In Michael Endes Welterfolg Die unendliche Geschichte (1979) erkennt Protagonist Bastian konsterniert: „Steht man plötzlich vor der Möglichkeit, dass der Wunschtraum Wirklichkeit wird, dann wünscht man sich nur eins: Man hätte es sich nie gewünscht.“ Zur Zeit vom „Aufbruch der neuen Romantiker“ (Stoyan) schöpft Ende das versatile Motiv des Traums in seinen Werken aus und reiht sich somit in eine lange literarische Tradition ein. Endes erzählte Träume weisen verschiedene Eigenschaften, symbolische Bedeutungen und narrative Funktionen auf, wobei einige wiederkehrende Traumtypen, wie der Wunsch- oder Botschaftstraum, auffallen.

Das Ziel der Arbeit liegt zum einen darin, anhand der distinktiven Merkmale ihrer Inhalte (den Traumbildern) und ihrer Funktionalisierung, eine Kategorisierung der Traumtypen in Endes Gesamtwerk vorzunehmen. Zum anderen will sie durch die Einnahme unterschiedlicher Blickwinkel, welche sowohl auf text- als auch auf autor- und kontextorientierten Theorien beruhen, die an das Ende’sche Traummotiv geknüpften Quellen und Realitätsbezüge sichtbar machen. Leitfragen sind dabei, auf welche Arten der Autor Träume gestaltet und inwieweit diese Inszenierungen Spuren tradierter Traumvorstellungen und -konzeptionen bergen. Ausgehend von der Intertextualitätstheorie von Broich und Pfister (1985) und unter Anwendung des transmedialen Modells der Motivanalyse von Kurwinkel und Jakobi (2022) wird demnach das Identifizieren intertextueller Verweise in Endes Trauminszenierungen ein zentrales Anliegen des Vorhabens sein. (September 2024)


Fiona Mirzai-Amirabadi hat die Fächer Germanistik und Romanistik für das gymnasiale Lehramt an der Humboldt-Universität zu Berlin und an der Universität Hamburg mit dem Abschluss Master of Education studiert. 2021 absolvierte sie ein Auslandspraktikum an der Deutschen Schule in Málaga und arbeitete seitdem an verschiedenen Schulen in Hamburg als Vertretungslehrerin. Seit 2024 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl von Prof. Dr. Kurwinkel an der Universität Hamburg mit einem Schwerpunkt auf Kinder- und Jugendmedien.

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Kinderliteraturgeschichte der Deutschen Einheit


Das Habilitationsprojekt verfolgt eine doppelte Zielsetzung: Zum einen untersucht es die Fragestellung, wie die deutsche KJL auf die Wiedervereinigung reagiert hat und will damit einen grundlegenden Beitrag zur Kinderliteraturgeschichtsschreibung leisten. Zum anderen versteht sich das Projekt als Rezeptionsstudie und nimmt kindliche Rezeptionen von Proband*innen aus Ost und West vergleichend in den Blick.
Zentrale Forschungsfragen sind:

  • Wie stellt die KJL das Thema Mauerfall und Wende dar?
  • Wie hat die deutsche KJL auf die Wiedervereinigung reagiert?
  • Wie rezipieren bzw. werten Schüler in Ost und West die Texte?

Aus dieser Fragestellung ergibt sich eine umfassende Blickrichtung auf kinderkulturelle Reflexe auf den deutsch-deutschen Umbruch, da neben Textanalysen und Rezeptionsdaten auch prägnante medial inszenierte Ereignisse der Erinnerungskultur, wie wir sie zu den Jahrestagen erleben, an die wiederum Reaktionen des Buchmarkts gebunden sind, in den Fokus gelangen. (August 2020)


Dr. Kirsten Kumschlies ist ausgebildete Grund- und Sekundarstufenlehrerin. Nach dem Studium der Fächer Erziehungswissenschaft, Grundschulpädagogik, Evangelischer Theologie und Germanistik an der Universität Hamburg promovierte sie dort mit einer Arbeit zur Szenischen Interpretation von Kinderliteratur in der Grundschule. Sie unterrichtete an Gesamt- und Grundschulen in Hamburg, Bremen und Madrid und war anschließend acht Jahre lang als Lehrkraft für besondere Aufgaben für Literatur- und Mediendidaktik und Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsstelle Kinder- und Jugendliteratur am Institut für Germanistik an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg tätig. Aktuell vertritt sie eine W3-Professur für Literaturdidaktik an der Universität Duisburg-Essen, ab 1.10.2020 ist sie Akademische Rätin für Grundschuldidaktik Deutsch an der Universität Trier.
Arbeitsschwerpunkte: Didaktik des Kinderromans, Mediendidaktik für die Grundschule, Narratologie, zeitgeschichtliche Kinder- und Jugendliteratur, empirische Deutschlehrerforschung.

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Bilderbuchräume. Entwicklung einer Raumnarratologie des Bilderbuches


Seit dem Paradigmenwechsel der 1990er Jahre besticht das Bilderbuch, beeinflusst durch die sogenannten neuen Medien, durch eine Entgrenzung im Bild- und Schrifttext und seiner Erzählkonventionen, auch in Bezug auf den dargestellten Raum. Dabei sind die Bilderbuchräume vielfältig. Sie reichen von den textinternen erzählten und erzählenden Räume sowie dem Erzählraum über textexterne Räume der Rezeption, Vermarktung bis hin zum Materialraum. Der Raum im Bilderbuch wird über zwei Medien – Bild und Text – dargestellt, sodass es einer interdisziplinären (germanistisch-kunstwissenschaftlich) bzw. intermedialen (Text und Bild vereinigenden) Narratologie bedarf, um diese zu beschreiben. Hier setzt das Promotionsvorhaben an: Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines kombinierten narratologischen Modells für die Raumdarstellung im Bild- und Schrifttext des fiktionalen Bilderbuchs. Dazu soll einerseits ein Analyseinstrumentarium entwickelt werden, das anhand von Analysen einzelner Bilderbücher beispielhaft angewandt und erläutert wird. Andererseits sollen aussagekräftige Raumtypen anhand bestimmter Bilderbücher ermittelt, beschrieben und historisch verortet werden. Die Modell-Analysen werden gleichsam zur Grundlage für eine Didaktisierung der raumnarratologischen Bilderbuchanalyse für den Literaturunterricht. (Juli 2020)


Alina Behrend (M.A.), geb. Gierke, ist Promotionsstudentin am Germanistischen Institut der Universität Duisburg-Essen. Sie studierte Germanistik und Kunstwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Ihr Masterstudium der Germanistik beschloss sie ebenfalls an der HHU mit Prädikatsexamen und einer Arbeit zum Tanz in der Literatur. Sie arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Germanistik der HHU für Prof. Dr. Herwig und in verschiedenen Projekten zur Intermedialität der Kinder- und Jugendliteratur bei Prof. Dr. Kurwinkel an der HHU sowie als Deutschlehrerin an verschiedenen Schulen. Ihr Forschungsinteresse gilt den Bilderbuchräumen. In ihrem Dissertationsvorhaben setzt sie sich vor ihrem kunst- und literaturwissenschaftlichen Hintergrund interdisziplinär mit dem Bild- und Schrifttext im Bilderbuch und dessen Räumen auseinander.

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Virtual Reality als Körpererfahrung


Virtual Reality (VR) ermöglicht durch die explizite Bezugnahme und Adressierung somatischer  Rezeptions- und Handlungsmodi eine sinnlich erfahrbare Immersion von hoher Intensität. Dieses Erlebnis des "Eintauchens" ist inzwischen einem breiten Publikum zugänglich. Das Medium lotet dabei Darstellungs- und Erlebnisstrategien in allen Bereichen des Unterhaltungssektors aus und erschließt in rasantem Tempo neue Felder. Auch den Film gestaltet VR in diesem Prozess mit und modelliert diesen als hybride und erfahrbare Storywelt.
Im Zuge dieser Entwicklungen findet das Medium sowohl Eingang in die Medienkultur von Kindern und Jugendlichen als auch, nicht zuletzt aufgrund lerntheoretischer und -praktischer Potentiale, in die Klassenräume. Fragen nach der Gestaltung und dem Effekt derartiger Angebote werden in diesem Zusammenhang insbesondere dringlich. Dies gilt erst recht für phänomenologische Fragestellungen nach dem Erleben des Mediums, die das Desiderat der medienbestimmenden Ordnungen einschließen.
Hier setzt das Dissertationsvorhaben an, das in einem zirkulären Forschungsprozess und basierend auf einem VR-Filmanalysemodell empirisch-qualitative Kategorien des ästhetischen Medienerlebens im VR-Film ermittelt. Kategorische Ordnungen des Mediums – Bild, Ton, Narration und Interaktion – werden im Forschungsprozess rezeptionsästhetisch ausdifferenziert und erweitert, um das Medium des VR-Films analytisch erfassen zu können. Das skizzierte Instrumentarium bildet überdies die Basis, eine Theorie des ästhetischen Medienerlebens von Kindern und Jugendlichen im VR-Film zu generieren. Von zentraler Bedeutung wird es sein, die analytischen Ordnungen des Mediums sowie die Erlebnis- und Erfahrungsdimensionen in der Virtual Reality auf Grundlage einer interdependenten Perspektive auf Körper und Geist als solche von verkörperungstheoretischer Qualität zu modellieren und letzteres vor dem Hintergrund der Medienbildung zu reflektieren.
Das Vorhaben konzentriert sich in der Wahl der Teilnehmer*innen der empirischen Datenerhebung auf sowohl Kinder als auch Jugendliche, um die unterschiedlichen Rezeptionsvoraussetzungen und -bedingungen beider Entwicklungsphasen berücksichtigen zu können. Die Arbeit versteht sich als Grundlegung für daran anknüpfende mediendidaktische Überlegungen und verortet sich durch die Wahl der Gegenstände, des methodischen Vorgehens, der Stichprobe und des theoretischen Rahmens als interdisziplinäres Projekt an der Schnittstelle zwischen der Kinder- und Jugendmedienforschung und der ästhetischen Medienbildung. (Juli 2020)


Sabrina Tietjen (M.Ed.) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im BMBF-Projekt „Schnittstellen gestalten“ an der Universität Bremen. Seit 2016 ist sie Promotionsstudentin und als Lehrbeauftragte im Fachbereich 10, Germanistik, tätig. Sabrina Tietjen studierte Germanistik/Deutsch, Kunstpädagogik und Erziehungswissenschaften. Mit einer empirischen Forschungsarbeit zur Visualisierung von Reflexionsprozessen im Kunstunterricht schloss sie ihr Master of Education-Studium für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen an der Universität Bremen ab. Im Anschluss an ihr Studium unterrichtete sie an einer Bremer Oberschule und beriet als ausgebildeter Schreibcoach Studierende zum wissenschaftlichen Arbeiten und Schreiben.

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Literarisches Lernen mit Ludonarrationen. Die Figur im narrativen Computerspiel als Gegenstand literarischen Kompetenzerwerbs


Die (literarische) Figur findet als transmediales Phänomen eine medienspezifische Umsetzung im digitalen Spiel, ist als solche für die Grundschule jedoch kaum als Unterrichtsgegenstand modelliert. Diese Nichtbehandlung digitaler Spiele steht im Widerspruch zu den Lebenswelten von Kindern, in denen das Computerspiel längst einen festen Platz eingenommen hat. Ein Literaturunterricht, der auf die Lebenswelt der Lernenden Bezug nehmen und der Forderung nach schulischer Medien- und Computerspielbildung gerecht werden möchte, benötigt didaktische Konzepte und theoretisch fundierte Unterrichtsentwürfe zur Nutzung und Reflexion digitaler Spiele. Das Dissertationsprojekt bearbeitet dieses Forschungsdesiderat.
Ziel ist es, die ludonarrative Figur (die Figur im narrativen Computerspiel) als Gegenstand literarischen Lernens in der Grundschule nutzbar zu machen und gegenstandsspezifische Lehr-Lernprozesse zu verstehen. Als Design-Based-Research-Studie gliedert sich das Projekt in drei Hauptaspekte, die im Forschungsprozess zyklisch ineinandergreifen:
Erstens wird auf fachwissenschaftlicher Ebene die ludonarrative Figur hinsichtlich ihrer Ludizität, Medialität und Narrativität als Hybridkonstruktion modelliert.
Zweitens entsteht auf fachdidaktischer Ebene ein Unterrichtsdesign zum literarischen Lernen anhand des Point-and-Click-Adventures "The whispered World" (Daedalic Entertainment 2014). Hierzu gehört das Konzept zur Nutzung der ludonarrativen Figur für einen kompetenzorientierten Literaturunterricht ebenso wie konkrete Unterrichtsmaterialien. Dieses Unterrichtsdesign wurde in drei Zyklen an einer Bremer Grundschule erprobt, erforscht und weiterentwickelt.
Drittens wird auf fachdidaktischer Ebene eine lokale Theorie zu den gegenstandsspezifischen Lehr-Lernprozessen erarbeitet, die wiederum die Modellierung (1) und den Designprozess (2) informiert. Im Rahmen der Analyse ist nun u.a. von Interesse, inwiefern Lernende im Rahmen der Lernaktivitäten Figurenperspektiven interpretieren und nachvollziehen. (Juli 2020)

Die Arbeit wurde am 5. April 2024 erfolgreich an der Universität Bremen verteildigt und erscheint demnächst digital.


Katharina Düerkop (M.Ed.) war Stipendiatin im Graduiertenkolleg "Duale Promotion" an der Universität Bremen. Hier hat sie zuvor Germanistik, Musikpädagogik und Elementarmathematik studiert und absolvierte 2018 die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Grundschulen. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Erzählen in Kinder- und Jugendmedien. Besonders interessiert sie sich für das narrative Computerspiel, welches sie sowohl aus fachwissenschaftlicher als auch aus deutschdidaktischer Perspektive untersucht. Ihr Masterstudium schloss sie mit einer Arbeit zum Einsatz narrativer Computerspiele im Literaturunterricht der Grundschule ab. Die Bearbeitung dieses Forschungsdesiderates führte sie in ihrem Dissertationsvorhaben fort.

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„Irgendwie mag ich das Schreiben...“ Analoges und digitales Schreiben als Motiv in zeitgenössischer deutschsprachiger Kinder- und Jugendliteratur


Das titelgebende Zitat aus Sigrid Zeevaerts Roman Liebe, liebe Fanni etabliert die Protagonistin als schreibende und sich zum Schreiben bekennende Figur: "Irgendwie mag ich das Schreiben". Diesem Bekenntnis zum (literarisch inszenierten) Schreiben schließt sich auch das Dissertationsvorhaben an und es ist gleichermaßen Auslöser für die  forschungsleitende Frage, die im Rahmen der Arbeit eine differenzierte Beantwortung finden soll: Welche Funktion haben die literarischen Inszenierungen des Schreibens im zeitgenössischen und deutschsprachigen Kinder- und Jugendbuch? Ausgehend von einer vergleichenden Analyse eines aus 35 Texten bestehenden Textkorpus zeigt die Arbeit, welche Funktion das Schreiben und seine Inszenierungen im zeitgenössischen und deutschsprachigen Kinder- und Jugendbuch innehaben und wie man diese Funktion über die ausgewählten Texte hinaus im Subsystem Kinder- und Jugendliteratur fassbar machen kann. Untersucht werden soll demzufolge die Bedeutung des Schreibens in Bezug auf seine narrative, narratoästhetische, paratextuelle, materielle und mediale und diskursive Kennzeichnung.
Die Einzelanalysen beruhen auf einem Verständnis des Schreibens als Motiv und machen sich das gemeinsam mit Tobias Kurwinkel entwickelte Modell der transmedialen Motivanalyse, adaptiert dieses jedoch für das Schreibmotiv in analoger und digitaler Ausprägung. 

Die Arbeit wurde am 18. September 2019 an der Universität Bremen erfolgreich verteidigt und ist 2021 in der Buchreihe Kinder- und Jugendliteratur Intermedial bei Königshausen & Neumann erschienen. Weitere Informationen zum Band lesen sich hier.


Dr. phil. Stefanie Jakobi ist Universitätslektorin an der Universität Bremen im Arbeitsbereich Kinder- und Jugendmedien. Ihr Masterstudium der Europäischen Literaturen an der Humboldt-Universität zu Berlin schloss sie mit einer Arbeit zu digitalen Schreibszenen in zeitgenössischer Kinder- und Jugendliteratur ab. Aufbauend auf dieser Grundlage setzte sie sich in ihrem Dissertationsvorhaben vergleichend mit analogem und digitalem Schreiben als Motiv in kinder- und jugendliterarischen Texten auseinander. Ihre Interessen im Bereich der Kinder- und Jugendmedienforschung liegen auf intra-, inter-, und transmedialen Fragestellungen.

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